Hörtechnik in der biomedizinischen Technik
Audiologische und Medizinische Akustik
Laut Weltgesundheitsorganisation leiden mehr als 5 % der Weltbevölkerung an beeinträchtigendem Hörverlust. Obwohl die meisten Betroffenen mit rehabilitativen Ansätzen wie Hörgeräten versorgt werden, ist deren Kommunikation im Alltag im Vergleich zu normalhörenden Personen immer noch erheblich schwieriger. Dies zeigt sich besonders in komplexen akustischen Situationen wie lauten Restaurants, Klassenzimmern oder bei Aktivitäten im Freien in städtischen Umgebungen. Die derzeitigen klinischen Praktiken bieten jedoch bis auf zu stark vereinfachte Laborszenarien, die nur wenig mit realen Hörszenarien mit mehreren stationären oder bewegten Schallquellen in manchmal herausfordernder Raumakustik zu tun haben, keine effektiven Methoden zur Diagnose von Hörverlust oder zur Verifikation der Hörgeräteanpassung. Obwohl auditorische Rehabilitationsmaßnahmen zwar weiterhin in einem klinischen oder vergleichbaren Laborumfeld mit kontrollierten Bedingungen durchgeführt werden sollen, kann die Anwendung virtueller akustischer Technologie die Effektivität solcher Maßnahmen durch die Integration komplexer akustischer Umgebungen, einschließlich simulierter Raumakustik, potenziell erhöhen. Die Hörgeräteanpassung kann dadurch unter plausibleren Bedingungen in der Klinik getestet werden, wodurch die Lücke zwischen Hörbedingungen in Labor und Realität potentiell verringert und die Zufriedenheit des/der Hörgeräteträgers*in gesteigert werden kann.
Wir arbeiten derzeit an neuen Testparadigmen und Werkzeugen, die der Unterstützung von audiologischer Diagnostik, Behandlung und rehabilitativem Training für Menschen mit Hörverlust dienen werden.
Ohrsimulatoren für Kinder
Für die Hörgeräteanpassung und -entwicklung bei Erwachsenen exisiteren heutzutage nur wenige standardisierte Kuppler bzw. Ohrsimulatoren, die den Gehörgang mit seinen akustischen Eigenschaften nachbilden und damit eine optimale Einstellung der Hörgeräte ermöglichen sollen.
Für Kinder und Kleinkindern sind solche Kuppler und Messgeräte jedoch nicht vorhanden bzw. nicht standardisiert. Der kleinere Gehörgang bei Kindern führt zu enormen Unterschieden der akustischen Eigenschaften im Vergleich zu Erwachsenen. Eine Hörgeräteanpassung bei Kleinkindern mit der Messtechnik für Erwachsene kann somit leicht zu ca. 20 dB (SPL) Fehlanpassungen führen.
Wir untersuchen den kindlichen Gehörgang und zeigen Unterschiede zum Erwachsenen auf. Dies wird methodisch sowohl mit akustischen Messungen als auch mit Simulationen (FEM) durchgeführt. Für die Simulationen greifen wir auf die Geometriedaten aus CT-scans zurück und modellieren die Gehörgänge.
Raumwahrnehmung in bildgebenden Verfahren
Die systematische Weiterentwicklung von Wiedergabe und Reproduktionsverfahren räumlicher akustischer Szenen sind ein Schwerpunkt unserer Forschung. Mit verschiedenen Methoden konnten hier erhebliche Fortschritte insbesondere im Hinblick auf die individuell angepasste Stimulation, vor allem in der binauralen Wiedergabe (mit Kopfhörern und Lautsprechern) erreicht werden. Grundlage hierfür ist einerseits die personenspezifische Messung der sogenannten Head-Related Transfer Function (HRTF) (vgl. Forschungsgebiet Binauraltechnik) und andererseits die hierauf abgestimmte systematische Entzerrung der verwendeten Kopfhörer.
Die funktionelle Bildgebung in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik versucht die etablierten Paradigmen zunehmend weiter zu entwickeln und realitätsnäher zu gestalten. Während bei optischer und olfaktorischer Stimuluspräsentation in der letzten Dekade erhebliche Fortschritte gelungen sind, sind die Möglichkeiten der akustischen Stimulation durch die eingesetzten Kopfhörersysteme weiterhin deutlich eingeschränkt.
In diesem interdisziplinären Forschungsgebiet untersuchen wir in enger Kooperation mit JARA-BRAIN und dem Forschungszentrum Jülich GmbH (Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)) die systematische Evaluation der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Systeme zur akustischen Stimulation, deren Optimierung bzw. der Identifikation systematischer Schwachpunkte als Ansatzpunkte für Neuentwicklungen.
Wir untersuchen in welcher Qualität akustische Stimulationen zur Raumwahrnehmung in bildgebenden Verfahren durchführbar sind.